In der Industrie besteht eine hohe Nachfrage beim Design neuer Materialien, getrieben durch erhöhte technische Anforderungen und veränderte wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen. So müssen neue Materialien maßgeschneiderte physikalische Eigenschaften aufweisen und in der Herstellung kompatibel zu bestehenden Prozessen sein. Außerdem sollen sie auf günstigen Rohstoffen basieren und nur wenige oder idealerweise keine kritischen Elemente enthalten. Weiterhin soll die Abhängigkeit von schwankenden Rohstoffpreisen und Liefermonopolen verringert werden.
Dem großen Interesse an der Entwicklung neuer Materialien stehen der hohe Zeit- und Kostenaufwand bei der experimentellen Synthese gegenüber. An diesem Punkt setzt das computergestützte Materialdesign mittels Hochdurchsatzverfahren (engl. High-Throughput-Screening, HTS) an. Neue Simulationssoftware und wachsende Rechnerkapazitäten ermöglichen die virtuelle Erzeugung einer Vielzahl von Strukturen und Zusammensetzungen und die Vorhersage ihrer Eigenschaften. In effizienter Weise können eine große Anzahl von Möglichkeiten ausprobiert und durchgespielt werden. Basis ist eine Datenbank in der die theoretischen Materialien abgelegt sind. Algorithmen zur Datenanalyse greifen darauf zurück und erlauben ein permanentes Anpassen und Verbessern der Suchrichtung. Die Materialien mit den vielversprechendsten Eigenschaften können dann in einem zweiten Schritt genauer untersucht und experimentell synthetisiert werden.
Hochdurchsatzverfahren eignen sich für eine große Bandbreite an Materialien. Am Fraunhofer IWM werden Screeningmethoden beispielsweise bei der Suche nach neuen Hartmagneten eingesetzt, die nur geringe Mengen oder keine Seltenerdmetalle enthalten sollen. Andere Materialsysteme, die untersucht werden, sind elektrisch leitfähige und korrosionsfeste Materialien für Brennstoffzellen sowie Materialien für Batterietechnologien.
Das Maschinelle Lernen bietet weitere Möglichkeiten, um virtuell neue attraktive Materialstrukturen aufzuspüren. Die durch systematische, physikalisch basierte Werkstoffsimulation entstehenden großen Datenmengen, untersuchen wir dazu mit Data-Mining-Algorithmen. So erschließen wir in der ständig wachsenden IWM-Materialbibliothek wertvolle Zusammenhänge zwischen Kristallstrukturen (input) und Eigenschaften (output). Dieses Wissen wird genutzt, um generelle Trends aufzudecken und um neuartige Kristallstrukturen mit vielversprechenden Eigenschaften zu finden.
Mit der Kombination von physikalischen (Hochdurchsatz-Screening) und statistischen Methoden (Maschinelles Lernen, Data Mining), verfügen wir über eine umfassende Kompetenzbasis in der Materialinformatik und können das Auffinden von gewünschten Struktur-Eigenschafts-Beziehungen bzw. das Design von Materialien zielgerichtet und wirtschaftlich betreiben.
Die am Fraunhofer IWM entwickelte Web-Anwendung MagnetPredictor demonstriert den Nutzen von modernen Machine Learning Methoden für die Vorhersage der magnetischen Eigenschaften von (virtuellen) intermetallischen Verbindungen mit beliebigen chemischen Zusammensetzungen.