Sortenreines PE-Komposit durch ein kontrolliertes katalytisches Verfahren
»Im Projekt SusCOMP forschten wir an sortenreinen Kompositen aus PE, die sich im Spritzguss verarbeiten lassen und dabei direkt selbst verstärken – besonders interessierten uns dabei natürlich, welche mechanischen Eigenschaften diese Komposite erreichen«, erklärt Raimund Jaeger, Gruppenleiter »Polymertribologie und biomedizinische Materialien« am Freiburger Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM. »Die Firma DSM spinnt zwar bereits Hochleistungsfasern aus langen UHMWPE-Molekülketten, die sich entlang der Faserrichtung orientieren, sogenannte Dyneemafasern.« Solche Fasern als Verstärkung in PE einzubringen wäre technisch möglich, sei aber mit einem hohen Arbeits- und Kostenaufwand verbunden und für das Werkstoffrecycling ungeeignet.
Die Lösung für diese Herausforderung fand Prof. Dr. Rolf Mülhaupt mit seinem Team am Freiburger Materialforschungszentrum FMF der Albert-Ludwigs-Universität: Er platziert unterschiedliche Katalysatoren, mit deren Hilfe PE in verschiedenen Kettenlängen gezielt hergestellt werden kann, fein verteilt auf dem gleichen Katalysatorträger. An diesem Katalysator werden bei der folgenden Synthese des PE durch Ethylenpolymerisation gleichzeitig Mischungen aus nieder-, mittel- und ultrahochmolekularem PE hergestellt, sogenannte Reaktorblends. »Mit diesem Trick entstehen direkt bei der Polymerisation PE-Blends, die sich problemlos spritzgießen lassen«, erklärt Prof. Dr. Mülhaupt. Das Verfahren vermeidet hohe Viskositäten, die normalerweise eine Herausforderung sind, wenn ein hoher Anteil von UHMWPE-Molekülketten im Spritzguss verarbeitet werden soll. Die hohen Scherströmungen, die beim Spritzguss in schmale Spritzgussformen auftreten, sind dann dafür verantwortlich dass sich aus den ultrahochmolekularen Bestandteilen durch Selbstorganisation des Werkstoffs faserartige UHMWPE-Strukturen ausbilden. Diese Fasern verstärken das Bauteil, orientieren sich beim Spritzguss sogar in der gewünschten Richtung und sorgen so für mechanische Stabilität. Und diese Bauteile lassen sich gut wiederverwerten: »Wir haben Proben davon insgesamt zehn Mal werkstofflich rezykliert und immer die gleich gute Qualität erhalten, da sich die gewünschten Werkstoffstrukturen durch Selbstorganisation immer erneut ausbilden«, so Prof. Dr. Mülhaupt. Proben dieses neuen Hochleistungsmaterials prüften die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer IWM auf ihre Werkstoffeigenschaften hin. Die mechanischen Eigenschaften zeigen: Es sind viele Anwendungen vorstellbar, beispielsweise lange Möbelteile, Schienen- und Rolladenführungen oder Teile fürs Autointerieur. Neben dem geringen Gewicht haben die Bauteile auch den Vorteil, Schmierstoffe auf Wasserbasis sehr gut zu vertragen.
Zukünftig auch sortenreine PE-Komposite nach Bedarf
In dem Nachfolgeprojekt 3D-SusCOMP geht es nun darum, das Material per 3D-Drucker zu verarbeiten. Bisher ließen sich die guten Eigenschaften der sortenreinen Komposite nur erreichen, wenn die Polymere in einer schmalen Spritzgussform orientiert wurden. Jedoch: die Verstärkung durch Selbstorganisation erfolgt ausschließlich in der Richtung, die durch die Spritzgussform vorgegeben ist. Das ist bereits ein großer Fortschritt, allerdings sind auch andere Bauteilformen und Werkstoffe, sogenannte multidirektionale Komposite, wünschenswert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus: In der Düse eines 3D-Druckers bilden sich die Faserstrukturen ebenfalls aus. Deren Orientierung im Bauteil kann jedoch im Gegensatz zum Spritzguss über die Bewegung des Druckkopfs gesteuert werden. Hierdurch sind viele neue Anwendungen für diesen recyclinggerechten Werkstoff denkbar: neben Zahnrädern im Automobil oder für die Lebensmittelindustrie können auch sich anschmiegende Robotergreifer, medizinische Orthesen oder Steckverbinder »aus einem Guss« hergestellt werden.
Die beiden Projekte SusCOMP und 3D-SusCOMP des Freiburger Leistungszentrums Nachhaltigkeit werden vom Land Baden-Württemberg und der Fraunhofer-Gesellschaft gefördert. Grundlage bei der Katalysatorentwicklung ist eine langjährige, durch das BMBF geförderte Forschungskooperation des Freiburger Materialforschungszentrums und dem weltweit führenden Unternehmen LyondellBasell in Frankfurt.
Link zur Pressemeldung (PDF)
Kontakt
Dr. Raimund Jäger
Telefon +49 761 5142-284
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Prof. Dr. Rolf Müllhaupt
Telefon +49 761 203-6273
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