Diese Fragen können nicht generell beantwortet werden. Eine Schädigung durch gasförmigen Wasserstoff tritt dann ein, wenn der Werkstoff mit gasförmigem Wasserstoff chemisch reagiert und die mechanischen Zugspannungen hinreichend hoch sind. Eine Empfindlichkeit dafür liegt i.d.R. bei allen Stählen und Nickel-Basis-Legierungen vor. Bei trockenem, gasförmigem Wasserstoff zeigen Aluminium- und Magnesiumlegierungen keine Empfindlichkeit. Nach aktuellem Stand der Forschung zeigen Kunststoffe keine Wasserstoffschädigung im Sinne einer „Versprödung“. Bei Kunststoffen lagert sich der Wasserstoff in die Hohlräume zwischen den Molekülketten ein. Bei schneller Dekompression können diese inneren Gasblasen dem Druckabbau nicht folgen und der Kunststoff platzt auf.
Der Grad der Werkstoffschädigung durch gasförmigen Wasserstoff ist werkstoffspezifisch und hängt von zahlreichen Parametern ab. Die wichtigsten sind Gasdruck, Gastemperatur, Beanspruchungsart (quasi-statisch, zyklisch) sowie die Höhe der wirkenden mechanischen Zugspannungen. Hierbei müssen die lokalen Spannungen betrachtet werden, insbesondere in geometrischen und metallurgischen Kerben, siehe auch Frage 4a.
Generell können alle Stähle, unabhängig von ihrer Festigkeit, einer Schädigung in gasförmigem Wasserstoff unterliegen. Uns ist kein hochfester Werkstoff bekannt, der keine Schädigung durch gasförmigen Wasserstoff zeigt.
Wasserstoff kann nur in atomarer Form von metallischen Werkstoffen absorbiert werden. Auf allen Oberflächen von Stählen und Nickel-Basis-Legierungen wird das H2-Molekül katalytisch in 2 Atome gespalten, die dann vom Werkstoff absorbiert werden können. Dieser Mechanismus kann unter technisch relevanten Bedingungen nicht unterdrückt werden. Gemäß thermodynamischer Gesetzmäßigkeiten bildet sich ein Konzentrationsausgleich zwischen der Gasphase und dem Werkstoffinneren als Funktion der Temperatur und des Wasserstoffdruckes. Eine plastische Deformation des Werkstoffs ist hierbei nicht erforderlich. Nach aktuellem Stand der Forschung sind plastische Deformationen hingegen zwingend erforderlich, um eine Werkstoffschädigung durch Wasserstoff zu initiieren (siehe Fragen 1a und 1b). Neben Druck und Temperatur ist die Menge des absorbierten Wasserstoffs abhängig vom Werkstoffgefüge und beträgt einige ppmv bis einige zehn ppmv. Diese Menge reicht aus, um eine Werkstoffschädigung zu initiieren. Die dadurch entstehende Permeationsrate ist jedoch zu gering, um einen technisch messbaren Druckverlust, z. B. in einer Gasflasche hervorzurufen.
Auf Oberflächen von Aluminium- und Magnesiumlegierungen wird das H2-Molekül nicht katalytisch gespalten und Wasserstoff dringt nicht in den Werkstoff ein. Daher zeigen diese Werkstoffe in trockenem H2 keine Schädigung.
Die Beantwortung dieser Frage ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Im EU-Projekt NaturalHy wird als Ergebnis angegeben, dass bei geraden Pipelinerohren 10 Vol.-% Wasserstoff unbedenklich sind. Im Gegensatz dazu zeigen Literaturergebnisse aus spezifischen bruchmechanischen Versuchen bei 1 Vol.-% Wasserstoff eine vollständige Wasserstoffschädigung. Zudem ist anzunehmen, dass der Grenzwert auch immer vom Werkstoff, dessen Mikrostruktur und Festigkeit abhängt. Dazu bitte die Frage zu den hochfesten Werkstoffen beachten.
Im Stadtgas waren viele verschiedene Gase und feste Verunreinigungen (Partikel) enthalten, teils mit Sauerstoff als Bestandteil. Sauerstoff wirkt der Wasserstoffschädigung entgegen. Die heute verwendeten Gase haben eine sehr hohe Reinheit, so dass vermutet werden kann, dass insbesondere der Sauerstoffanteil zu gering ist, um inhibierend zu wirken.
Die Beantwortung dieser Frage ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Im EU-Projekt NaturalHy wird als Ergebnis angegeben, dass bei geraden Pipelinerohren 10 Vol.-% Wasserstoff unbedenklich sind. Im Gegensatz dazu zeigen Literaturergebnisse aus spezifischen bruchmechanischen Versuchen bei 1 Vol.-% Wasserstoff eine vollständige Wasserstoffschädigung. Zudem ist anzunehmen, dass der Grenzwert auch immer vom Werkstoff, dessen Mikrostruktur und Festigkeit abhängt. Dazu bitte die Frage zu den hochfesten Werkstoffen beachten.
Auch 2 Vol.-% Wasserstoff können nicht immer ohne Risiko zugemischt werden. Es gibt aktuelle bruchmechanische Untersuchungen an metallischen Werkstoffen, die bereits ab 1 Vol.-% Wasserstoff auf eine vollständige Wasserschädigung hindeuten. Die erlaubte Zumischung von bis zu 2% Wasserstoff für Erdgasfahrzeuge kommt daher, dass Erdgas herstellungsbedingt Wasserstoff enthält. Die technischen Bauteile von Erdgasfahrzeugen sind entsprechend getestet und zertifiziert.
Zur Zeit sind unsere Prüfmöglichkeiten eingeschränkt. Folgende Tests bieten wir an:
Weitere Tests befinden sich im Aufbau und stehen bald zu Verfügung.
Eine Beladung von Proben mit Wasserstoff ist dann sinnvoll, wenn der Wasserstoff während der Prüfdauer nicht aus dem Werkstoff effundiert. Dies ist lediglich bei austenitischen Stählen und Nickel-Basis-Legierungen der Fall. In Vorversuchen kann ermittelt werden, welcher Wasserstoffgehalt (Prüfung mit vorbeladenen Proben) und welcher Wasserstoffdruck (Prüfung unter Hochdruckwasserstoff ohne Vorbeladung) eine äquivalente Schädigung ergeben. Mit dieser Korrelation können dann weitere Versuche mit vorbeladenen Proben durchgeführt werden.
Werkstoffversuche unter Hochdruckwasserstoff in einem Autoklaven erfordern eine sehr aufwändige Anlagen- und Prüftechnik, um die gewünschten Gasdrücke, -temperaturen und –reinheiten zu realisieren. Da Wasserstoff und Sauerstoff ein zündfähiges Gemisch bilden (Knallgas), ist darüber hinaus eine sehr aufwändige Sicherheitstechnik erforderlich, um diese Versuche durchzuführen.
Die Schädigung durch gasförmigen Wasserstoff tritt bevorzugt bei mechanischen Zugspannungen oberhalb der Streckgrenze auf. Auch bei globaler Beanspruchung unterhalb der Streckgrenze kann es an geometrischen oder metallurgischen Kerben zu deutlich höheren Spannungen kommen. Daher raten wir z.Z. von dieser Art der Bauteilauslegung ab. Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um herauszufinden, bis zu welcher maximalen Streckgrenzenauslastung ein Bauteil in Wasserstroff belastet werden kann.
Der Standard ASME B31.12-2019 berücksichtigt den Einfluss von gasförmigem Wasserstoff bei der Auslegung von Rohrleitungen. Hier werden Risswachstumskurven und maximal zulässige Spannungen an Rissspitzen, die in gasförmigem Wasserstoff gemessen wurden, für die Lebensdauerabschätzung herangezogen.
Die ASME BPVC-VIII-3 – 2019 berücksichtigt den Einfluss von gasförmigem Wasserstoff bei der Auslegung von Druckbehältern. Hier werden Risswachstumskurven und maximal zulässige Spannungen an Rissspitzen, die in gasförmigem Wasserstoff gemessen wurden, für die Lebensdauerabschätzung herangezogen.
Uns ist keine Richtlinie bekannt, mit der man die o.g. Bauteile für Wasserstoffanwendungen auslegen kann. Die Auslegung ist Gegenstand unserer aktuellen Forschungsaktivitäten. Unser Fernziel ist die Aufnahme der Wasserstoffschädigung in gängige Regelwerke.
Der Standard ASME B31.12-2019 berücksichtigt den Einfluss von gasförmigem Wasserstoff bei der Auslegung von Rohrleitungen. Hier werden Risswachstumskurven und maximal zulässige Spannungen an Rissspitzen, die in gasförmigem Wasserstoff gemessen wurden, für die Lebensdauerabschätzung herangezogen.
Die ASME BPVC-VIII-3 – 2019 berücksichtigt den Einfluss von gasförmigem Wasserstoff bei der Auslegung von Druckbehältern. Hier werden Risswachstumskurven und maximal zulässige Spannungen an Rissspitzen, die in gasförmigem Wasserstoff gemessen wurden, für die Lebensdauerabschätzung herangezogen.