Mechanische Schädigungen von Werkstoffen im Kontakt mit Wasserstoff stellen hinsichtlich Zuverlässigkeit und Lebensdauer erhebliche werkstofftechnologische Herausforderungen an Komponenten wie Leitungsrohre, Speichertanks, Ventile oder Kompressoren dar. Mit einer neuartigen Wasserstoffgas-Hochdruckkammer für mikromechanische Prüfungen verfügt das Fraunhofer IWM nun über neue Möglichkeiten, den Wasserstoffeinfluss auf das Materialverhalten auf mikroskopischer Ebene zu untersuchen. Diese Anlage ermöglicht eine schnelle und kostengünstige Ermittlung der Auswirkungen von Wasserstoff auf mechanische Eigenschaften und damit eine bessere Qualifizierung und Auswahl von Werkstoffen, die sich für den Einsatz in wasserstoffhaltigen Umgebungen eignen.
Aus materialwissenschaftlicher Sicht spielt die Mikroskala mit Probenquerschnitten von typischerweise 400 μm × 200 μm eine für Materialien entscheidende Rolle: Hier sind Verteilungen von Poren, Fremdphasen, Korngrenzen, Versetzungen, atomare Fehlstellen sowie Korngrößen und Kornorientierungen in Materialgefügen entscheidende Faktoren für die Materialeigenschaften. Mit Mikroproben werden Einblicke in grundlegende Mechanismen wie Rissentstehung und -ausbreitung, belastungsinduzierte Gefüge- und Phasenumwandlungen gewonnen. So können makroskopische Versagensereignisse bis zu ihren mikroskopischen Ursachen zurückverfolgt werden. Die kleinen Proben ermöglichen es, sowohl extrem kleine Bauteile als auch lokale Besonderheiten in größeren Bauteilen zu prüfen.
Anwendungsbeispiele
Durch die Entnahme von Mikroproben aus verschiedenen Zonen von Schweißnähten in Bauteilen können Bereiche im Werkstoffgefüge identifiziert werden, die für Wasserstoffversprödung anfällig sind. Dieser Ansatz zeigt, wie verschiedene Bereiche der Wärmeeinflusszone unter Wasserstoffeinwirkung unterschiedlich reagieren, und er unterstützt die Entwicklung weniger konservativer und somit kostengünstigerer Konstruktionsrichtlinien für Komponenten, die mit Hochdruck-Wasserstoff belastbar sind.
Die mechanischen Eigenschaften dünnwandiger Bauteile in der Hauptbelastungsrichtung können nur mit Mikroproben bestimmt werden. Die Prüfung anhand von Mikroproben ermöglicht zuverlässigere Konstruktionsentscheidungen für sicherere, leichte wasserstoffbetriebene Systeme.
Dünnschichtbasierte Wasserstoff-Membransensoren, die für die Lecksuche von entscheidender Bedeutung sind, können mittels Mikroproben mechanisch getestet werden, um ihre Reaktionsempfindlichkeit und Haltbarkeit unter Hochdruck-Wasserstoffbelastung zu bewerten. Darüber hinaus können aus der Sensormembran selbst entnommene Mikroproben auf ihre potenzielle Empfindlichkeit gegenüber Wasserstoffversprödung untersucht werden.