Preiswürdig: Materialmodell für eine effizientere Auslegung von Steckverbindern aus Kupfer

Hersteller von Steckverbindern aus Kupfer oder anderen technischen Kupferteilen können ihre Produkte nun sowohl günstiger und schneller entwickeln als auch langlebiger auslegen, als es bisher der Fall war. Möglich macht dies ein für die Kupferindustrie neues Materialmodell für die Prozess- und Bauteilsimulation, das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM in Kooperation mit dem Forschungsinstitut Edelmetalle und Metallchemie fem entwickelt haben. Dafür erhielt das Team den Innovationspreis 2015 des Deutschen Kupferinstituts DKI.

© Fraunhofer IWM
Steckverbinder aus dem Automobilbereich (links) und berechnete plastische Dehnungsverteilung im Bereich der maximalen Bauteilbeanspruchung (rechts), einmal direkt nach erfolgter Steckermontage bei Raumtemperatur (oben) und nach 24 h bei einer konstanten Temperatur von 150 °C (darunter).

Der jährlich für herausragende Forschungen zu Kupfer und Kupferlegierungen verliehene Preis wurde vergangenen Donnerstag auf dem 12. Kupfersymposium in Berlin an Dr. Matthias Weber, Dr. Johannes Preußner und Dr. Dirk Helm vom Fraunhofer IWM sowie an Miriam Eisenbart, Karin Pfeffer und Dr. Ulrich Klotz vom Forschungsinstitut fem verliehen.

Die Zunahme elektrischer Antriebe und Elektronik im Automobilbereich führt zu einer höheren Anzahl an verbauten Steckverbindern in unterschiedlichsten Designvarianten, die immer kleiner werden. Gleichzeitig steigt die Anforderung an die Zuverlässigkeit und Lebensdauer dieser Kupferbauteile, wobei die Entwicklungszeiten zugleich immer kürzer werden müssen. Neue Herausforderungen für Entwickler ergeben sich durch höhere Betriebstemperaturen, geforderte Stromtragfähigkeit und mechanische Belastungen. Darum gewinnt die computergestützte Auslegung und Optimierung von Kupferbauteilen rasant an wirtschaftlicher Bedeutung.

Erprobter Ansatz neu in der Kupferbranche

»Wir stellen jetzt ein Werkstoffmodell zur Verfügung, mit dem das komplexe Verhalten von Kupfer-Bauteilen präziser vorhergesagt werden kann«, erläutert Dr. Matthias Weber vom Fraunhofer IWM das Ergebnis des Projekts. »Es ging vor allem darum, das Relaxationsverhalten möglichst exakt zu beschreiben – davon hängt es ab, wie sich das Bauteil zeit- und temperaturabhängig verhält.« Im Gebrauch nimmt die Klemmkraft eines Verbinders ab und damit auch die Stromleitfähigkeit bis hin zu einem Grenzwert, bei dem der elektrische Widerstand zu groß wird und das Bauteil ausgetauscht werden muss. Je kleiner das Bauteil ist, desto schneller wird dieser Grenzwert erreicht. Hersteller von ausscheidungsgehärteten Kupferbauteilen können nun mit der neuen Simulation mit weniger kosten- und zeitaufwändigen Versuch-und-Irrtum-Analysen das Langzeitverhalten ihrer Bauteile im Einsatz genauer vorausberechnen. Somit ist es möglich, die Funktionalitätsänderung während des Gebrauchs besser abschätzen und die Bauteile optimal auslegen zu können. Zudem steht ein Simulationsmodell zur Integration in Finite-Element-Programme zur Verfügung, mit dem das Ausscheidungsverhalten der jeweiligen Legierung beschrieben und somit die mechanischen Eigenschaften des resultierenden Bauteils bereits beim Fertigungsprozess positiv beeinflusst werden kann. Auf diesem Weg ist es möglich, Umformprozesse bereits bei der Bauteilherstellung zu optimieren, zum Beispiel das Crimpen elektrischer Kontakte oder das Kompensieren von Rückfeder-Effekten beim Biegen.

Genauere Materialdaten für beliebig geformte Kupfer-Bauteile

Das wissenschaftliche Team charakterisierte hierfür mithilfe von Zug- und Relaxationsversuchen ausscheidungsgehärtete CuNiSi-Legierungen, entwickelte ein geeignetes mechanismenbasiertes Materialmodell und berechnete beispielsweise den Zustand von Steckverbindern unter 150 °C nach 24 Stunden korrekt voraus. Damit konnten der temperatur- und zeitabhängige Verlauf der Klemmkraft und die plastische Dehngrenze eines beliebig geformten Kupfer-Bauteils mit einer neuen, höheren Ergebnisgüte vorhergesagt werden.

 

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